Förderprojekt Fünfachs-Fräsen

 

Modellbasierte prädiktive Kraftregelung für das mehrachsige Schruppfräsen

01.05.2021

Steckbrief

Eckdaten

Laufzeit:
01.05.2021 bis 30.04.2024
Akronym:
AktivkraftFräsen
Gruppe:
Industriesysteme
Fördergeber:
DFG

Kontakt

Name

Sebastian Stemmler

Geschäftsführender Oberingenieur, Abteilungsleiter Industriesysteme und Produktionssysteme

Telefon

work
+49 241 80 27479

E-Mail

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Motivation

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Das Fräsen ist ein flexibles und hochdynamisches Fertigungsverfahren zur Herstellung von einfachen Geometrien bis hin zu komplexen Freiformflächen. Dabei führt das Werkzeug eine rotatorische Schnittbewegung an einem fest eingespannten Werkstück aus. Durch den spanenden Materialabtrag entsteht eine funktionale Geometrie mit hoher Oberflächengüte.

Industriell etablierte Regelungssysteme fokussieren sich bislang auf die Regelung von Maschinenparametern, beispielsweise der Vorschubgeschwindigkeit. Die Maschinenparameter haben jedoch nur einen mittelbaren Einfluss auf die entstehende Bauteilqualität. So führen beispielsweise zu hohe Vorschubgeschwindigkeiten zu großen Kräften im Eingriffsbereich des Werkzeugs. Folgen sind ein Abdrängen des Werkzeugs und damit eine Minderung der Bauteilqualität und ein erhöhter Verschleiß des Werkzeugs. Eine konservative Abschätzung der Vorschubgeschwindigkeit hingegen führt zu einer langen Prozesszeit und einer Minderung der Produktivität. Eine Online-Adaption der Sollwerte der Maschinenparameter an die bestehenden Produktionsbedingungen ermöglicht eine optimale Prozesszeit bei Einhalten der geometrischen Bauteilqualität zu erreichen. Bisher werden die Maschinenparameter jedoch ausschließlich vor dem Produktionsprozess offline festgelegt. Hierbei werden Einflussgrößen wie der Werkzeugverschleiß nicht explizit, sondern implizit durch eine konservative Abschätzung berücksichtigt, sodass es möglichst zu keiner Überschreitung der maximal erlaubten Kraft im Eingriffsbereich zwischen Werkzeug und Bauteil kommt. Hierdurch ergeben sich beim Fräsen Optimierungspotentiale bezüglich der Prozesszeit und der Ausschussrate.

 

Projektziele und Methoden

Ziel dieses Forschungsvorhabens ist der Aufbau einer Aktivkraftregelung beim mehrachsigen Schruppfräsen unter Einsatz modellbasierter Methoden zur Schätzung dynamischer Kräfte. Die Aktivkraft dient als Maß für die mechanische Belastung, denn sie bestimmt das resultierende Biege- und Torsionsmoment am Werkzeug. Die in der Zerspanzone wirkende Belastung wird über eine Kraftmessplattform gemessen und um dynamische Einflüsse, resultierend aus dem Materialabtrag, wirkenden Trägheitskräften und dem Übertragungsverhalten des Messsystems korrigiert.

In einem bisherigen Förderprojekt konnte der Erfolg einer Aktivkraftregelung beim planaren Fräsen gezeigt werden. Mithilfe einer modellprädiktiven Regelung (MPR) wird auf Basis der Eingriffsbedingungen die maximale Vorschubgeschwindigkeit bei Einhalten der erlaubten Aktivkraft berechnet und die berechnete Geschwindigkeit eingestellt. Unbekannte Maschinenparameter werden mit einem linearen Kalman Filter geschätzt. Überlagert werden anhand der Kraftmessung mittels einer Messkraftplattform die Parameter eines Aktivkraftmodells fortlaufend adaptiert.

Für das mehrachsige Fräsen müssen die Modelle um zusätzliche Bewegungsgrade des Werkzeugs und des Maschinentisches erweitert werden. Hierbei wird durch die Auslenkung des Messsystems aus der Horizontalen die Gravitationskraft relevant. Diese übt einen nichtlinearen Einfluss auf das Messsystem aus. Die Erweiterung der Modelle um den Einfluss von Trägheitskräften und der Gravitation auf die Kraftmessung führt zu einer Umformulierung des Kalman-Filters und der MPR. Es wird untersucht, ob lineare Methoden weiterhin zur Reglung des nichtlinearen Prozesses geeignet sind. Hierfür wird die Komplexität der Komponenten Kalman-Filter und MPR sukzessive erhöht und die Performance der Komponenten miteinander verglichen. Daneben werden ein Extended Kalman-Filter sowie ein Moving Horizont Estimator entwickelt, welche die im Eingriff befindliche Aktivkraft auf Basis des Messwerts der Kraftmessplattform schätzen. Die entwickelten Methoden werden hierbei unter Berücksichtigung strikter Echtzeitanforderungen entwickelt und an einem CNC-Fräszentrum validiert.

 

Innovationen und Perspektiven

Eine erfolgreiche Bearbeitung des Projekts ermöglicht die Nutzung einer Aktivkraftregelung für mehrachsige Fräsprozesse. Hierdurch ist es möglich, bestehende Potentiale bezüglich Prozesszeit und Bauteilqualität auch für komplexe Fräsaufgaben auszuschöpfen. Die untersuchten Methoden eignen sich dazu, die Notwendigkeit manueller Kalibrationen auch für komplexe Prozesse stark zu reduzieren und so bei gleichbleibend hoher Fertigungsgüte die Produktivität zu steigern.

 
Projektpartner