Selbstoptimierende Banddickenregelung zum hochpräzisen Kaltwalzen mit piezoelektrischen Aktoren
- Self-optimizing automatic gauge control in high precision cold rolling with piezoelectric actuators
Wehr, Matthias; Abel, Dirk (Thesis advisor); Hirt, Gerhard (Thesis advisor)
Aachen : RWTH Aachen University (2021)
Doktorarbeit
Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2021
Kurzfassung
Der Kaltwalzprozess ist von großer wirtschaftlicher und technologischer Bedeutung in der Prozesskette zur Verarbeitung von Halbzeugen. Um eine hohe Produktivität zu erreichen, wird er industriell bei hohen Bandgeschwindigkeiten von bis zu einigen tausend Metern pro Minute und unter Einsatz von Banddickenregelungen betrieben. Diese erfordern genaue Prozessmodelle und schnelle Aktoren zur Kompensation von Störungen und Unsicherheiten. Hierbei kommen aktuelle Systeme an ihre Grenzen. Piezoelektrische Aktoren (PSA) erfüllen die Anforderungen an Geschwindigkeit und Positioniergenauigkeit. Sie werden in dieser Arbeit zur Walzenanstellung in einem Walzwerk für Schmalband im Industriemaßstab erprobt. Darüber hinaus werden die Modelle des Walzgerüstes und der Umformung online adaptiert, um die Walzkraftprädiktion bereits während der Prozesslaufzeit zu verbessern und Zeit bei der Einrichtung der Maschine zu sparen.Zur Maschinenregelung wird eine kaskadierte Struktur aus einer Regelung der PSA und des Walzspaltes entwickelt. Die Positionierung der PSA wird hierbei durch einen Sliding Mode Controller realisiert, der nicht modellierte Nichtlinearitäten robust kompensiert. Gleichzeitig berücksichtigt er die Module von Walzgerüst und Band sowie die auftretenden Lasten. Aufgrund ihres geringen Stellweges können PSA den Hub zur Umformung nicht selbst aufbringen. Daher wird ein elektromechanischer Spindeltrieb (EST) zur Unterstützung der PSA eingesetzt. Eine modellprädiktive Regelung (MPC) koordiniert die beiden Aktortypen zur Walzenanstellung. Durch die Messung der Banddicke vor dem Walzgerüst kann die Walzenanstellung prädiktiv erfolgen. Die Walzenexzentrizitäten werden durch einen Walzspaltbeobachter geschätzt und durch die MPC kompensiert.Der überlagerte Regelkreis übernimmt die Banddickenregelung durch Selbstoptimierung der Modelle. Hierzu werden die benötigten Messwerte online synchronisiert, ausgewählt und verarbeitet. Die Parameter der Gerüstkennlinie werden mit der rekursiven Methode der kleinsten Quadrate ermittelt, sodass eine präzise Anstellung der Walzen auch ohne Kalibrierung möglich ist. Zur Optimierung des Walzkraftmodells kommt zum einen ein nicht-parametrisches Modell zum Einsatz, das durch die Gaußprozess Regression (GPR) ermittelt wird. Mit ihr lässt sich ein Modell im stationären Betrieb gut ermitteln, während sie eine sichere Extrapolation für unbekannte Arbeitspunkte garantiert. Zum anderen wird eine Parameterschätzung der Fließspannung und Reibzahl für das Walzmodell nach Bland & Ford mit Hilfe des Nelder & Mead Algorithmus durchgeführt.Die PSA werden im hochdynamischen Betrieb mit einem mittleren, absoluten Fehler von 0,44 µm positioniert. Sie eignen sich für den Einsatz im Walzwerk bei geringen Kräften und bei Unterstützung durch die EST. Durch die Modelladaptionen wird die benötigte Kraft ermittelt und der Walzspalt entsprechend eingestellt. Die Regelung erreicht für einen Sollwert von 950 µm eine Banddicke von 950,9 µm +3,4 µm -3.2 µm.
Identifikationsnummern
- DOI: 10.18154/RWTH-2021-04118
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2021-04118