Hochgenaue und robuste GNSS-gestützte Zustandsschätzung für die autonome Schifffahrt

  • Highly accurate and robust GNSS-aided state estimation for autonomous shipping

Gehrt, Jan-Jöran; Abel, Dirk (Thesis advisor); Jeinsch, Torsten (Thesis advisor)

Aachen : RWTH Aachen Univsersity (2021, 2022)
Doktorarbeit

Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2021

Kurzfassung

Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Erforschung und Entwicklung eines Navigationssystems zur hochgenauen und robusten Schätzung des Navigationszustands, bestehend aus Position, Geschwindigkeit und Orientierung. Dazu wird eine Kalman-Filter-basierte Sensorfusion inertialer Sensorik mit Observationen von globalen Navigationssatellitensystemen (GNSS) entwickelt. Es wird ein nichtlinearer eng gekoppelter Zustandsraum entworfen, der neben den Navigationszuständen Fehlerzustände der eingesetzten Sensorik enthält. Es werden die beiden gängigen Kalman-Filter für nichtlineare Systeme, Extended-Kalman-Filter (EKF) und Unscented Kalman-Filter (UKF), implementiert und experimentell verglichen. Es wird festgestellt, dass in der maritimen Anwendung weder bei gewöhnlichen Manövriervorgängen noch bei großen Initialisierungsfehlern Vorteile für eine der beiden Architekturen entstehen. Mit differenziellen GNSS-Korrekturen werden durchschnittliche Positionsgenauigkeiten von weniger als 30 cm bei einer Standardabweichung von weniger als 10 cm erreicht. Die Gierwinkelschätzung erreicht eine durchschnittliche Genauigkeit von unter 1 ◦ bei einer Standardabweichung leicht über 1 ◦. Zur weiteren Erhöhung der Positionsgenauigkeit werden differenzielle Verfahren in das Filter integriert und so eng gekoppeltes Real-Time-Kinematik (RTK) umgesetzt. Dazu werden GNSS-Trägerphasen im Filter verarbeitet, die jedoch durch einen unbekannten zu schätzenden Bias, die sogenannte Mehrdeutigkeit, gestört sind. Zur Erhöhung der Güte der Mehrdeutigkeitsschätzung wird eine neuartige Integration des Pegelstands vorgestellt. Es wird gezeigt, dass in einem Szenario, in dem das Filter ohne Stützung des Pegelstands keinen validen RTK-Fix erreichen kann, durch Stützung des Pegelstands der RTK-Fixnach kurzen 5 s erreicht wird. Mit dem entwickelten eng gekoppelten RTK erreicht das Navigationsfilter durchschnittliche Positionsgenauigkeiten von weniger als 3 cm bei einer Standardabweichung von 2 cm. Die Robustheit gegenüber lokalen GNSS-Störungen wird signifikant erhöht, indem Messgrößen eines Onboard-Geschwindigkeitssensors in das Filter integriert werden. Dazu wird sowohl die lose Kopplung als auch eine enge Kopplung des Sensors untersucht. Es wird gezeigt, dass dank Integration des Geschwindigkeitssensors, auch bei GNSS-Ausfällen von mehr als 8 min, ein ausreichend genauer Navigationszustand geschätzt werden kann. Die Robustheit der differenziellen Ansätze wird signifikant erhöht, indem ein neuartiger Schätzer entwickelt wird, der es ermöglicht, auch bei ausbleibenden differenziellen Daten mit RTK hochgenaue Positionen zu schätzen. Es wird gezeigt, dass ein RTK-Fix auch nach 5 min ohne differenzielle Daten zuverlässig erreicht werden kann. Das Filter soll zukünftig um Methoden zur Integritätsprüfung erweitert und zur Führung, Navigation und Regelung von Schiffen im autonomen Betrieb eingesetzt werden.

Einrichtungen

  • Lehrstuhl und Institut für Regelungstechnik [416610]

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